Das Vorhandensein eines Sozialversicherungssystems ist für Unternehmen aus Europa eine Selbstverständlichkeit. Bei der Anstellung von ausländischen Mitarbeitern in den Vereinigten Arabischen Emiraten ("VAE") stellt sich daher regelmäßig die Frage, wie Kranken-, Unfall-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung vor Ort ausgestaltet sind und welche Beiträge abgeführt werden müssen. Im Folgenden betrachten wir die typischen Sozialversicherungszweige vor dem Hintergrund des Rechts der VAE:
1. Krankenversicherung
Eine gesetzliche Krankenversicherungspflicht für ausländische Arbeitnehmer besteht in den VAE bislang nur in den Emiraten Abu Dhabi und Dubai.
Maßgeblich für die Feststellung der Verpflichtung ist zum einen die Frage, ob der Arbeitnehmer über den Arbeitgeber das Residence Visa, also die dauerhafte Aufenthaltserlaubnis für die VAE, erhält und zum anderen, in welchem Emirat das Residence Visa ausgestellt wird.
Die Prämien der Krankenversicherung sind sowohl im Emirat Abu Dhabi also auch im Emirat Dubai ausschließlich von dem Arbeitgeber zu tragen. Ein Arbeitnehmeranteil, wie beispielsweise in Deutschland, ist nicht vorgesehen.
Gesetzlich vorgeschrieben ist der Abschluss einer sogenannten Gruppenkrankenversicherung. Dies bedeutet, dass die Krankenversicherung im Namen des Arbeitgebers und nicht im Namen des einzelnen Arbeitnehmers besteht. Dies ist jedoch in der Praxis nicht immer möglich, da Versicherungsanbieter den Abschluss einer Gruppenkrankenversicherung von einer Mindestmitarbeiteranzahl abhängig machen. Daher ist weitestgehend anerkannt, dass für den ersten, von einem Arbeitgeber gesponserten Arbeitnehmer auch eine Individualversicherung abgeschlossen werden kann.
a. Abu Dhabi
Einzelheiten zur Krankenversicherungspflicht für ausländische Arbeitnehmer im Emirat Abu Dhabi richten sich nach Abu Dhabi Law No. 23 of 2005 in seiner derzeit gültigen Fassung.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine Krankenversicherung für den Arbeitnehmer selbst, den Ehepartner und bis zu drei Kinder unter 18 Jahren abzuschließen.
Der Umfang der Krankenversicherung kann von dem Arbeitgeber bestimmt werden.
b. Dubai
Im Emirat Dubai wird die Krankenversicherungspflicht für ausländische Arbeitnehmer durch Dubai Law No. 11 of 2013 in seiner derzeit gültigen Fassung näher bestimmt.
Anders als im Emirat Abu Dhabi ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, den Arbeitnehmer selbst zu versichern. Eine Versicherungspflicht auch für Angehörige besteht nicht.
Im Emirat Dubai kann der Umfang der Krankenversicherung ebenfalls von dem Arbeitgeber bestimmt werden.
2. Unfallversicherung
Eine gesetzliche Unfallversicherung existiert in den VAE nicht.
Allerdings hat der Arbeitnehmer gemäß UAE Federal Law No. 8 of 1980 in seiner derzeit gültigen Fassung bei Betriebsunfällen einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber. Es ist daher anzuraten, dass sich der Arbeitgeber für diesen Umstand entsprechend versichert. Das Risiko deckt in den VAE die sogenannte Workmen's Compensation Insurance ab.
In einigen Freihandelszonen, wie beispielsweise der Jebel Ali Free Zone und dem Dubai Multi Commodities Centre, ist der Abschluss einer solchen Versicherung für alle Arbeitgeber ab der Einstellung des ersten Arbeitnehmers verpflichtend. Im Staatsgebiet der VAE stellt die Workmen's Compensation Insurance lediglich eine Option für den Arbeitgeber dar.
3. Arbeitslosenversicherung
Eine gesetzliche Arbeitslosenversicherung besteht in den VAE nicht.
4. Rentenversicherung
Auch ist eine gesetzliche Rentenversicherung für ausländische Arbeitnehmer in den VAE nicht vorgesehen.
Allerdings könnte die Abfindung, die von Gesetzes wegen am Ende eines Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer zu gewähren ist (sogenannte Severance Pay oder Gratuity), als Ersatz für die Zahlung einer Rente angesehen werden.
Die Abfindung ist von dem Arbeitgeber zu zahlen, sobald das Arbeitsverhältnis länger als ein Jahr andauerte und sofern nicht außerordentlich gekündigt wurde.
In Fällen, in denen der Arbeitgeber im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach mehr als einem Jahr Beschäftigungsdauer eine ordentliche Kündigung ausspricht, steht dem Arbeitnehmer in den ersten fünf Jahren der Betriebszugehörigkeit pro Jahr der Beschäftigung eine Abfindung in Höhe von 21 Tagen des zuletzt bezogenen Monatsgrundgehalts zu. Für jedes weitere, über das fünfte Beschäftigungsjahr hinausgehende Jahr steigt die Abfindung auf ein volles Monatsgrundgehalt an. Die Höhe der Abfindung ist auf maximal zwei Jahresgrundgehälter begrenzt.
Kündigt der Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis selbst, werden je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit unter Umständen Abzüge fällig.
5. Pflegeversicherung
Eine gesetzliche Pflegeversicherung existiert in den VAE nicht.
6. Zusammenfassung
Das Sozialversicherungssystem der VAE ist mit europäischen Standards vor allem für ausländische Arbeitnehmer derzeit nicht vergleichbar. Insbesondere das gänzliche Fehlen einer Arbeitslosen- und Pflegeversicherung sowie die Abhängigkeit von dem Umfang des vom Arbeitgeber gewährten Krankenversicherungsschutzes zeigt, dass es in den VAE zumeist dem ausländischen Arbeitnehmer obliegt, sich gegen Schäden, die die soziale Existenzgrundlage gefährden können, privat (zusätzlich) abzusichern.