Nach knapp vier Jahren boomenden Immobilienmarktes wurde Mitte März das seit langem erwartete Immobiliengesetz für das Emirat Dubai verkündet und damit eine erste gesetzliche Grundlage geschaffen.
Bis Ende der Neunzigerjahre war das Emirat Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) vor allem wegen seiner äußerst liberalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Investoren interessant. Das Nichterheben von Einkommen- und Körperschaftsteuer in nahezu allen Wirtschaftszweigen sowie das Bestehen zahlreicher Freihandelszonen haben den Standort attraktiv gemacht.
Im Jahr 2002 entstand mit dem Immobilienmarkt praktisch aus dem Nichts ein weiterer bedeutender Wirtschaftssektor. Mit dessen rasanter Entwicklung dürfte wohl selbst die Emiratsregierung Dubais, die es ansonsten gewohnt ist, in Superlativen zu denken, nicht gerechnet haben.
Konnten zuvor ausschließlich Staatsangehörige der VAE und der übrigen Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrates (GCC), also Saudi-Arabien, Qatar, Bahrain, Oman und Kuwait, Grundstücksrechte in den VAE erwerben, setzte eine erste Liberalisierung bereits im Jahr 1999 ein. Durch Erklärung der Regierung des Emirats Dubai wurde es auch Angehörigen anderer Nationalitäten ermöglicht, in speziell ausgewiesenen Gebieten sogenannten Long-Term Leasehold an Immobilien zu erwerben.
Der Startschuß für den noch heute anhaltenden Immobilienboom fiel allerdings erst im Mai 2002, als H. H. Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum, der heutige Vizepräsident und Premierminister der VAE sowie Herrscher des Emirats Dubai, verkündete, daß Immobilien - wiederum beschränkt auf bestimmte Projektzonen - jedermann zum Erwerb im Rahmen des sogenanten Freehold offenstünden.
Dabei bezeichnet nach allgemeinem Verständnis Freehold die umfassendste Form von Immobilieneigentum. Das Freehold-Recht ist zeitlich unbeschränkt, frei übertragbar und belastbar. Lediglich geltende Gesetze und Rechte Dritter wirken als Schranken. Demgegenüber bildet der Long-Term Leasehold ein aus dem Freehold abgeleitetes Recht. Es unterscheidet sich vom Freehold im wesentlichen dadurch, daß es zeitlich begrenzt ist.
Rechtliche Grundlagen
Bemerkenswert ist, daß sich die Entwicklung des Immobilienmarktes in den VAE praktisch unabhängig vom Bestehen rechtlicher Grundlagen vollzogen hat. Grundstücksrechtliche Sachverhalte sind, wenn überhaupt, nur fragmentarisch geregelt. Ein föderales Immobilienrecht befindet sich zwar seit längerem in Bearbeitung, ist jedoch bislang nicht verabschiedet worden.
Auf Emiratsebene haben Abu Dhabi und Ras Al Khaimah in unterschiedlichen Ausgestaltungen als erste entsprechende Gesetzeswerke erlassen, die den Immobilienerwerb innerhalb des jeweiligen Emirates betreffen. Dubai zog mit dem Law No. 7 of 2006 regarding the Registration of Real Estate in the Emirate of Dubai (Dubai Real Estate Law) im vergangenen März nach.
Berechtigte
Die zentrale Vorschrift bildet Artikel 4. Danach ist es Staatsangehörigen der VAE und anderer GCC-Mitgliedsstaaten sowie Gesellschaften, die vollständig von solchen Staatsbürgern gehalten werden, und lokalen Aktiengesellschaften erlaubt, Immobilien im Emirat Dubai zeitlich unbeschränkt zu eignen. Diese Umschreibung dürfte dem Terminus Freehold entsprechen, der bislang im englischen Sprachgebrauch verwendet wurde. Eine genaue Definition enthält das Gesetz jedoch nicht. Angehörige anderer Nationalitäten sollen bei Genehmigung des Herrschers Dubais ebenfalls das Recht erhalten, Immobilien zeitlich unbeschränkt oder für einen Zeitraum von maximal 99 Jahren zu erwerben, dies jedoch nur in gewissen, noch auszuweisenden Gebieten innerhalb des Emirates Dubai.
Mithin enthält auch das Dubai Real Estate Law noch keinen unmittelbaren Anspruch auch für Nicht-GCC-Staatler auf Freehold- oder Long-Term Leasehold-Eigentum. Die entsprechende Genehmigung des Emiratsherrschers sowie die Festschreibung der Gebiete, in denen der Erwerb der vorbenannten Rechte durch jedermann möglich ist, dürfte jedoch zu den ersten Maßnahmen zählen, die in Ausführung des Dubai Real Estate Law in naher Zukunft getroffen werden.
Grundbuch
Wesentliche Bedeutung kommt darüber hinaus den Vorschriften des Dubai Real Estate Law zu, die sich mit der Einrichtung eines Grundbuchs befassen. Allein zuständige Behörde ist das Dubai Land and Properties Department. In das zu errichtende Register sind künftig alle immobilienbezogenen Rechte, deren Änderungen und Belastungen, wie Hypotheken, einzutragen. Der Eintrag entfaltet außer im Falle der Fälschung oder des Betrugs eine unwiderlegbare Vermutung für die Richtigkeit der eingetragenen Rechtsverhältnisse.
Damit wird die bislang geübte Verwaltungspraxis, nach der nur Einheimische oder Angehörige der GCC-Staaten grundbuchlich verbriefte Rechtspositionen erlangen konnten, was im übrigen keinen Rückhalt in geltenden Rechtsnormen fand, durchbrochen.
Bewertung
Insgesamt dürfte das Dubai Real Estate Law, wie auch die in den anderen Emiraten in diesem Zusammenhang bisher verkündeten Regelwerke, als Rahmengesetz einzustufen sein, das eine Basis für weitere Gesetze und Verordnungen bildet. Es enthält keine Überraschungen, kann aber auch nicht als "großer Wurf" bezeichnet werden.
Neben Detailfragen bedürfen auch grundlegende Aspekte der gesetzlichen Konkretisierung und Weiterführung. Dazu zählt sicherlich die Klarstellung in Bezug auf die Eigentümerstellung an bebauten Grundstücken, die Festlegung des genauen Ablaufs der Grundbucheintragung und der dabei anfallenden Gebühren sowie die umfassende Regelung des Wohnungseigentums.
Daher werden wohl insbesondere Privatanleger, die bislang wegen unzureichender gesetzlicher Absicherung ihrer Rechtsposition von einem Immobilienerwerb abgesehen haben, auch nicht aufgrund des Dubai Real Estate Law zu einer Investition bewegt werden, sondern vielmehr weiterführende Gesetzgebungsaktivitäten abwarten.
Bedeutung hat das Gesetz jedoch für institutionelle Anleger und ausländische Finanzinstitute. Im Rahmen einer Due Diligence ist für die Entscheidung zur Investition das Bestehen eines Immobiliengesetzes sicherlich eine wesentliche Voraussetzung, was nunmehr zumindest dem Grunde nach bejaht werden kann. Zudem ergibt sich eine weitere Sicherheit für Banken, da bei Finanzierung eines Immobilienerwerbs aufgrund der jetzt geschaffenen Möglichkeit des Grundbucheintrags von Freehold und Long-Term Leasehold auch eine entsprechende Belastung des jeweiligen Grundstücksrechts vermerkt werden kann. Dies dürfte mittelfristig zu steigendem Wettbewerb und in seiner Folge zu sinkenden Zinssätzen führen.
Signalwirkung hat das Dubai Real Estate Law auch in der Hinsicht, als daß es die Beständigkeit und das Vertrauen in die politische Führung des Emirates Dubais untermauert. Wenn vielleicht auch nicht mit der erhofften Geschwindigkeit, ist nunmehr zumindest damit begonnen worden, die seit 1999 gemachten Zusagen auch formal-juristisch umzusetzen. Zwar läßt die derzeitige Rechtslage noch einiges an Klarheit und Sicherheit vermissen, die andere Immobilienmärkte bieten. Bedenkt man jedoch, daß der Immobilienmarkt im Emirat Dubai ein vergleichsweise junger ist, wurde ein erster Schritt in die richtige Richtung mit dem Erlaß des Dubai Real Estate Law jedenfalls vollzogen.