eCommerce in den Vereinigten Arabischen Emiraten

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Der eCommerce-Sektor der Vereinigten Arabischen Emirate ("VAE") hat im Jahr 2020 - auch bedingt durch die COVID-19-Pandemie - stark an Bedeutung gewonnen. Für die Zukunft wird weiteres signifikantes Wachstum erwartet. Grund dafür ist nicht nur die schon jetzt bestehende exzellente digitale und logistische Infrastruktur, sondern auch eine Reihe unternehmensfreundlicher eCommerce-Initiativen verschiedener Behörden. Daher ist der Aufbau bzw. die Erweiterung von Vertriebswegen durch eine Online-Präsenz für viele Unternehmen aktuell von großem Interesse. Nachstehend informieren wir Sie über rechtliche Rahmenbedingungen für eCommerce in den VAE.

Was umfasst der Begriff eCommerce?

eCommerce beinhaltet in einer weiten Auslegung alle Aspekte einer Geschäftstätigkeit, die online erfolgt. Wir verwenden den Begriff hier für den Verkauf von Waren und das Erbringen von Dienstleistungen über das Internet.

Welchen Stellenwert hat eCommerce in den VAE?

In den VAE spielt eCommerce bereits seit Längerem eine bedeutende Rolle, die infolge der COVID-19-Pandemie und der strikten Ausgangsbeschränkungen in der Anfangsphase nochmals deutlich an Dynamik gewonnen hat.

Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend auch langfristig fortsetzt. Dafür verantwortlich sind nicht nur die hervorragende digitale Infrastruktur und die diversen Regierungsinitiativen zur Förderung von eCommerce, sondern auch das hohe Pro-Kopf-Einkommen und die technische Versiertheit der vergleichsweise jungen Bevölkerung mit einer sehr hohen Smartphone-Nutzungsdichte. Um die stetig wachsende Kundennachfrage zu bedienen, verlagert eine wachsende Zahl von in den VAE ansässigen Unternehmen ihre Geschäftstätigkeiten auch ins Internet.

Welche eCommerce-Initiativen gibt es?

Diverse Behörden haben in der jüngeren Vergangenheit eCommerce-Initiativen ins Leben gerufen. Basierend auf der Leitidee, Dubai als Vertriebsdrehscheibe noch weiter zu stärken, wurden mit Dubai CommerCity, die der Dubai Airport Freezone angeschlossen ist, und EZ Dubai in Dubai South zwei Freihandelszonen mit Schwerpunkt eCommerce geschaffen. Zudem haben einige Lizenzbehörden entweder gänzlich neue eCommerce-Lizenzen eingeführt, wie zum Beispiel die von Dubai Economy ins Leben gerufene DED Trader License, oder zumindest neue Aktivitäten in ihren Aktivitätenkatalog aufgenommen, wie beispielsweise Dubai Multi Commodities Centre mit der Aktivität "eMarketplace Service Provider".

Auch im Privatsektor existieren eCommerce-spezifische Initiativen. So unterstützt etwa Mastercard kleinere Unternehmen beim Auf- oder Ausbau ihrer Online-Präsenz mit dem Angebot "SME-in-a-Box".

Ist eine Lizenz für eCommerce-Aktivitäten erforderlich?

Das Innehaben einer gültigen Lizenz ist Voraussetzung für jedes dauerhafte geschäftliche Tätigwerden in den VAE. Eine Lizenz ist daher auch dann erforderlich, wenn die Geschäftstätigkeit vollständig oder teilweise online betrieben wird.

Der von einer Lizenz abgedeckte Aktionsradius ist grundsätzlich auf das jeweilige Emirat bzw. die jeweilige Freihandelszone, in der das Unternehmen ansässig ist, beschränkt. Die Lizenz bestimmt zudem den Umfang der zulässigen Geschäftsaktivitäten. Überdies ist jeder Lizenzinhaber grundsätzlich verpflichtet, ein Büro in dem Emirat bzw. in der Freihandelszone anzumieten, in dem bzw. in der die Lizenz ausgestellt wurde.

Welche lizenzrechtlichen Besonderheiten gelten für schon bestehende Unternehmen?

Bereits in den VAE registrierte Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeiten künftig (auch) online betreiben möchten, müssen bei der für sie zuständigen Lizenzbehörde erfragen, ob die bestehenden Lizenzaktivitäten (auch) Online-Tätigkeiten umfassen.

Bei einigen Lizenzbehörden, wie etwa Dubai Economy und Dubai Multi Commodities Centre, berechtigen bestehende Aktivitäten, wie beispielsweise "General Trading", derzeit auch zu einer Online-Tätigkeit. Eine Anpassung der Lizenz wäre also nicht notwendig. In anderen Fällen decken bestehende Lizenzaktivitäten nicht automatisch auch eine Online-Geschäftstätigkeit ab. So verlangt etwa die Dubai Airport Freezone Authority derzeit, dass der bestehenden Lizenz eine passende eCommerce-Aktivität hinzugefügt wird.

Was ist bei der Gründung eines neuen Unternehmens zu beachten?

Für noch zu gründende Unternehmen ist zunächst zu prüfen, ob die geplanten Geschäftsaktivitäten in den VAE (auch) online ausgeübt werden können. Ist dies der Fall, kommen - abhängig vom Budget und der mittel- bis langfristigen Ausrichtung des Unternehmens - unterschiedliche Lizenzarten und Unternehmensformen in Frage.

Einige Lizenzbehörden haben in jüngerer Zeit spezielle eCommerce-Lizenzen eingeführt, die auch darauf abzielen, Unternehmen eine kostengünstige Alternative im Vergleich zu traditionellen Lizenzarten anzubieten. Prominentes Beispiel ist die DED Trader License. Für Ausländer ermöglicht sie eine Lizensierung für Dienstleistungen, etwa Social Media Marketing oder Marketing Management. Handelsaktivitäten können Ausländer dagegen mit einer DED Trader License nicht ausüben. Dies steht nur Staatsangehörigen der VAE und anderer Mitgliedsstaaten des Golf-Kooperationsrates offen. Eine DED Trader License berechtigt weder zur Beantragung von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen noch zur Anmietung von Geschäftsräumen. Sie richtet sich mithin in erster Linie an Einzelunternehmer, die ihr Geschäft alleine von zu Hause aus betreiben.

Eine ebenfalls kostengünstige Alternative zu einer herkömmlichen Lizenz ist die sogenannte Instant License von Dubai Economy. Sie bietet die Möglichkeit, im ersten Lizenzjahr auf eine Anmietung von Geschäftsräumlichkeiten und den Abschluss eines entsprechenden Mietvertrages zu verzichten. Diese Lizenzart ist jedoch nur in Fällen verfügbar, in denen keine fachaufsichtliche Genehmigung einer lokalen Behörde einzuholen ist.

Welche zusätzlichen Genehmigungen können für eine eCommerce-Aktivität erforderlich werden?

Neben der Lizenz an sich sind für eCommerce-Aktivitäten unter Umständen weitere Genehmigungen einzuholen. Es ist beispielsweise zu prüfen, ob ein sogenanntes No Objection Certificate ("NOC") bei der Telecommunications Regulatory Authority ("TRA") zu beantragen ist. In einem solchen NOC erklärt die TRA, keine Einwände gegen die Durchführung sogenannter eActivities auf Internetseiten und Social Media Accounts in den VAE zu haben.

Daneben kann im Einzelfall die Erteilung einer eMedia License des National Media Council auf Basis der Electronic Media Regulation 2018 erforderlich sein. Der genaue Anwendungsbereich dieses Regelwerks ist derzeit zwar noch nicht vollständig geklärt. Besondere Relevanz scheint die eMedia License jedoch für Influencer zu haben, die Medienaktivitäten zu kommerziellen Zwecken betreiben.

Je nach intendierter Geschäftstätigkeit kann zudem eine Genehmigung von anderen Fachbehörden einzuholen sein. Beispiele sind Genehmigungen der Roads and Transport Authority zur Personenbeförderung oder der Knowledge and Human Development Authority im Falle von Online-Unterricht.

Welcher ist der richtige Standort für ein Unternehmen, das (auch) eCommerce betreiben möchte?

Eine pauschale Antwort kann auf diese Frage nicht gegeben werden, da die Standortwahl auch im Fall von eCommerce eng mit den im Einzelfall tatsächlich auszuübenden Tätigkeiten und dem konkreten Kundenkreis verknüpft ist. Auch im Rahmen von Online-Aktivitäten ist daher der Unterschied zwischen Staatsgebiet der VAE und den diversen Freihandelszonen von entscheidender Bedeutung.

Das Staatsgebiet umfasst das Territorium der VAE mit Ausnahme der Gebiete der Freihandelszonen. Für die Lizenzerteilung ist die jeweilige Emiratsbehörde zuständig. Ein Tätigwerden in anderen Emiraten kann eine weitere Lizenzbeantragung erforderlich machen. Eine Wareneinfuhr in das Staatsgebiet löst die Zahlung von Importzoll aus.

Freihandelszonen sind demgegenüber Sonderwirtschaftszonen, also Teilgebiete innerhalb der VAE, in denen besondere wirtschaftliche und rechtliche Regelungen gelten. Freihandelszonen existieren in allen Emiraten. Unternehmen, die sich in einer Freihandelszone niederlassen, sind in der Ausübung ihrer Tätigkeit auf das Gebiet der jeweiligen Freihandelszone beschränkt. Wenngleich Einfuhren und Wiederausfuhren in Länder mit Ausnahme der VAE grundsätzlich zollfrei sind, gelten Importbeschränkungen in Bezug auf das Staatsgebiet der VAE. Ein Import von Waren in das Staatsgebiet ist grundsätzlich nur über einen im Staatsgebiet ansässigen Distributor möglich oder an einen Empfänger, der selbst über eine Importlizenz für das Staatsgebiet verfügt. Mithin ist in der Regel nur ein Verkauf von Waren unter Geschäftsleuten, als ein sogenanntes B2B-Geschäft, möglich.

Beabsichtigt ein Handelsunternehmen, das in einer Freihandelszone ansässig ist, direkt (auch) an Verbraucher zu verkaufen, bedarf es einer Strategie, um solche B2C-Geschäfte legal abwickeln zu können. Ein herkömmlicher Ansatz ist die Gründung einer separaten Gesellschaft im Staatsgebiet der VAE, die unter Nutzung ihrer Importlizenz die Waren ins Staatsgebiet einführt und an den Verbraucher liefert.

Attraktivere Möglichkeiten könnten sich für Freihandelszonengesellschaften künftig möglicherweise im Rahmen einer neuen Initiative von Dubai Customs, der für das Emirat Dubai zuständigen Zollbehörde, eröffnen. Die sogenannte Cross Border eCommerce Platform soll es grundsätzlich denjenigen Freihandelszonengesellschaften, die der Plattform beitreten, ermöglichen, eCommerce aus der Freihandelszone heraus zu betreiben, also Waren ins Staatsgebiet zu importieren und dort direkt an Kunden zu liefern. Die genauen Details stehen derzeit jedoch noch nicht fest. Dubai Customs hat indes angekündigt, dass die Initiative zum Ende des ersten Quartals 2021 vollständig implementiert sein werde.

Bereits heute ist es Unternehmen in manchen Freihandelszonen möglich, mit Hilfe von bestimmten Logistikanbietern Waren zu Kunden im Staatsgebiet der VAE zu verbringen. Voraussetzung ist, dass der Logistikanbieter für den Import von Waren aus der konkreten Freihandelszone in das Staatsgebiet und die Lieferung an dort ansässige Geschäfts- oder Privatkunden insbesondere von Dubai Customs speziell lizenziert ist.

Wie können Unternehmen Risiken im Rahmen von eCommerce minimieren?

eCommerce-spezifische Risiken sind etwa Verletzungen von geistigem Eigentum Dritter und Verstöße gegen den Datenschutz. Um diesen Risiken zu begegnen, kann es sich (je nach Größe des Unternehmens) aus Haftungsgründen als vorteilhaft erweisen, eine separate Gesellschaft zu gründen, von der aus alle eCommerce-Tätigkeiten betrieben werden.

Welche Aspekte sind mit Blick auf Logistik, Lagerhaltung und Lieferung zu beachten?

Der eCommerce-Markt ist schon jetzt umkämpft. Es ist daher essentiell, eine schnelle und zuverlässige Lieferung an den Kunden zu gewährleisten.

Dafür können Unternehmen die Logistik einschließlich Lagerhaltung und Auslieferung selbst übernehmen. Dies erfordert eine vergleichsweise komplexe und kostenintensive interne Verwaltung einschließlich Anstellung von Mitarbeitern und Anmietung geeigneter Geschäfts- und Lagerräume. Für Freihandelszonengesellschaften kann zudem eine eher komplexe Lizenzierung notwendig sein.

Alternativ bietet sich daher die Auslagerung von Logistik, Lagerhaltung und/oder Lieferung an einen externen Dienstleister an. Je nach Erfordernissen variiert der Umfang der Unterstützungsleistungen. Stichpunkte in diesem Zusammenhang sind etwa 3PL, 4PL, Last Mile Delivery oder Drop Shipment Business. Im Grundsatz gilt, dass externe Dienstleister beispielsweise Lagereinrichtungen und Verpackungsservice sowie Payment-Gateways zur Verfügung stellen, eine Zollabfertigung und den Import der Waren arrangieren sowie Rücksendungen von Kunden abwickeln können.

Bei Abschluss entsprechender Verträge im Rahmen von eCommerce-Aktivitäten ist stets auf den Schutz der eigenen Interessen und eine angemessene Verteilung von Risiken zu achten. Von Bedeutung sind dabei insbesondere Klauseln zum individuellen Handling der Produkte (wie etwa Anforderungen an Temperatur, Feuchtigkeitsgrad, Lagerung und Lieferung) sowie allgemeine Aspekte zu Haftung, Schadensersatz, Vertragslaufzeit, Kündigung und Versicherungen.

Welche rechtlichen Aspekte spielen ansonsten eine Rolle?

Die vorgenannten Bereiche beleuchten lediglich einen Ausschnitt der rechtlichen Themen, die für eCommerce-Aktivitäten von Relevanz sein können. Beachtung muss unter anderem auch folgenden Gesichtspunkten geschenkt werden:

  • Vertragsrechtliche Aspekte (wie Erstellung wirksamer und vollstreckbarer im Internet abgeschlossener Verträge und Website-Bedingungen sowie die Einhaltung verbraucherschutzrechtlicher Vorschriften)
  • Vereinbarungen mit Payment-Gateway-Anbietern
  • Arbeitsrechtliche Vorgaben bei der Anstellung von Mitarbeitern
  • Datenschutzrechtliche Erwägungen (wie Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften einschließlich einer Prüfung der Anwendbarkeit der Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union)
  • Vorschriften zur Veröffentlichung bestimmter Inhalte
  • Schutz eigenen geistigen Eigentums und Vermeidung der Verletzung von Rechten Dritter
  • Steuerrechtliche Aspekte (wie Notwendigkeit einer VAT-Registrierung und Beachtung des eCommerce VAT Guide der Federal Tax Authority)

Fazit

Um im Bereich eCommerce aktiv zu werden, bedarf es möglicherweise nur weniger Klicks. Aus rechtlicher Hinsicht stellt sich jedoch eine Vielzahl von Fragen, die für ein erfolgreiches und reibungsloses Tätigwerden keinesfalls unbeachtet bleiben sollten.

Download

Informationsblatt-eCommerce-in-den-VAE-26.01.2021_ANDERS-LEGAL-CONSULTANCY.pdf

Haftungsausschluss

Alle während des Webinars gegebenen Informationen wurden sorgfältig überprüft. Eine Haftung jeglicher Art, insbesondere für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität, ist indes ausgeschlossen. Eine Prüfung des Einzelfalls ersetzen die gegebenen Informationen nicht.